„Handeln, bevor es zu spät ist“ – die Getränkeindustrie schlägt Alarm

Angesichts der massiv gestiegenen Kosten bei Rohstoffen, Energie, Logistik und Verpackungen, gepaart mit Lieferausfällen, fordert die Getränkeindustrie schnelle Hilfe von der Politik. „Die Bundesregierung darf die Unternehmen in dieser Situation nicht alleine lassen“, fordern die Geschäftsführer des Verbands Deutscher Mineralbrunnen (VDM), des Deutschen Brauer-Bundes (DBB), des Verbands Private Brauereien Deutschland, des Verbands der deutschen Fruchtsaftindustrie (VdF) und des Bundesverbands des Deutschen Getränkefachgroßhandels.

Quelle: Cagkan / Adobe Stock

„Längst haben die Kostensteigerungen für die Unternehmen ein existenzbedrohendes Ausmaß erreicht. Dies betrifft Handwerk und Mittelstand ebenso wie die Industrie“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der fünf Branchenverbände. Und weiter: „Ohne ein schnelles Eingreifen des Staates und ohne wirksame Hilfen werden allein in der deutschen Getränkewirtschaft hunderte Betriebe und tausende Mitarbeiter ihre Existenz verlieren.“

Durch die Folgen der Corona-Krise sei die Kapitaldecke bei vielen Unternehmern dünn geworden. Die langen Schließungen in der Gastronomie und die Absage vieler tausend Veranstaltungen habe zu massiven Einbußen geführt. „Die Unternehmen sind nicht in der Lage, die wesentlich bedrohlichere, akute Situation zusätzlich noch zu bewältigen“, heißt es. Eine vollständige Weitergabe der Kosten sei aufgrund der Marktmacht des Handels nicht möglich. Erschwerend hinzu kommt, angesichts der Inflationsraten ein Konsumrückgang zu erwarten ist.

Auf fünf Feldern sehen die Verbände der deutschen Getränkewirtschaft dringenden Handlungsbedarf und fordern Bund und Länder auf, entschlossen zu handeln:

Bezahlbare und sichere Versorgung mit Gas und Strom

„Kaum ein Unternehmen der Getränkewirtschaft ist noch in der Lage, zu den aktuellen Marktpreisen für Erdgas und Strom kostendeckend zu produzieren. Die Preise für Gas und Strom haben sich binnen Jahresfrist vervielfacht“, heißt es in dem Schreiben. Ein Großteil der Unternehmen der Getränkewirtschaft in Deutschland hat in den vergangenen Jahren auf Gas als Hauptenergieträger umgestellt. Die Unternehmen begrüßen den Beschluss der Bundesregierung, das Energiekostendämpfungsprogramm auf weitere Branchen auszudehnen, die Antragskriterien zu überarbeiten und den Zugang zu Hilfen zu erleichtern. „Wichtig ist, dass die Unterstützung nun rasch und ohne unnötige bürokratische Hürden bei der Antragstellung erfolgt. Wir appellieren an die Bundesregierung, alle Möglichkeiten, die sich aus dem befristeten Krisenrahmen der EU ergeben, auszuschöpfen.“

Versorgung mit Kohlendioxid sicherstellen

Auch der CO2-Mangel belastet die Getränkehersteller. Ein Großteil des CO2 auf dem Markt entsteht als Nebenprodukt der Düngemittel-Produktion. Diese wird jeden Sommer heruntergefahren, daher ist das Gas in der warmen Jahreszeit häufig knapp. Nun haben die Energiepreise die Lage zugespitzt. Der Großteil der europäischen Düngemittelhersteller hat den Betrieb gestoppt oder stark gedrosselt. Die Folge: Mit Verweis auf höhere Gewalt liefern Anbieter nicht die vereinbarten Mengen an CO2 zum vereinbarten Zeitpunkt. Alternative Lieferanten sind kaum zu bekommen.

Hier fordern die Verbände: „Es müssen dringend kurzfristige Maßnahmen ergriffen werden, um eine bevorzugte Belieferung der kritischen Infrastruktur der Ernährungsindustrie mit bezahlbarem Kohlendioxid für die Lebensmittel- und Getränkeproduktion sicherzustellen. Hierzu müssen rasch Schritte folgen, um die Ursache des CO2-Engpasses – die explodierenden Energiepreise – und damit die massiven Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion zu beseitigen.“

Verlässliche Logistik und sichere Lieferketten

Wie die Hersteller sehen sich auch Logistikunternehmen angesichts explodierender Kraftstoffpreise in einer existenzbedrohenden Situation. „Die Verknappung von Ressourcen, Rohstoffen und Werkstoffen – zum Beispiel „Ad Blue“ – nimmt bedrohliche Ausmaße an. Besonders die hohen Dieselpreise belasten die Betriebe. Dringend erforderlich ist eine längerfristige Entlastung von Diesel, der zu gewerblichen Zwecken insbesondere der Lebensmittelerzeugung und dem Lebensmitteltransport verwendet wird. Auch eine deutliche temporäre Entlastung bei den Preisen für LNG/CNG ist zu prüfen“, heißt es in der Verbändeerklärung.

Ernährungswirtschaft als kritische Infrastruktur

Die fünf Branchenverbände fordern, „die gesamte Ernährungsindustrie und ihre Lieferketten bei der Energieversorgung prioritär zu berücksichtigen. Es muss in den Notfallplänen der Bundesnetzagentur für die Gasmangellage sichergestellt werden, dass im Fall von Versorgungsengpässen mit Energie die systemrelevante Infrastruktur der Lebensmittel- und Getränkeproduktion mitsamt den notwendigen Vorprodukten (insbesondere Verpackungen) und der Absatzlogistik aufrechterhalten werden kann.“

Belastungsmoratorium statt noch mehr Bürokratie

Angesichts der angespannten Marktsituation fordert die Getränkeindustrie, bürokratische Maßnahmen, die die Unternehmen zusätzlich belasten, aufzuschieben und auf nationaler Ebene Spielräume zu nutzen. Im Schreiben heißt es zudem: „Laufende und anstehende Regulierungsvorhaben, etwa im Rahmen des „EU Green Deal“, sollten dringend bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Resilienz der europäischen Lebensmittellieferketten überprüft werden.“

>> Download „Gemeinsame Erklärung der Verbände der deutschen Getränkewirtschaft“

Irreführender Faktencheck der DANK zur Kampagne #liebermündig

Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) unterstellt, dass die Lebensmittelindustrie die Übergewichtsproblematik bei Kindern und Jugendlichen „bagatellisieren“ würde.

BVE-Blitzumfrage: Dunkle Wolken für den Standort Deutschland

Die BVE-Blitzumfrage "Standortbedingungen und Investitionslage in der deutschen Ernährungsindustrie" liefert einen umfassenden Einblick in die aktuelle Lage und die Zukunftsaussichten der Branche.