Nachhaltigkeit – das neue Normal

In der Lebensmittelwirtschaft hat das Thema Nachhaltigkeit eine herausragende Bedeutung: Der Nachhaltigkeitsansatz bietet für den Konsumenten in der unbegrenzten Vielfalt an Lebensmitteln eine wichtige Orientierung. Mit dem zunehmenden Fokus auf ökologische Nachhaltigkeit integrieren nicht nur Großunternehmen, sondern auch kleinere Akteure diese Themen verstärkt in ihre Strategien. Den Status quo sowie Ideen und Konzepte der Ernährungsindustrie hat die BVE in Zusammenarbeit mit RSM Ebner Stolz in der Studie "Den Berg bezwingen" genauer beleuchtet.

Quelle: KI / Adobe Stock

Herausforderung Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Handeln im Unternehmen verbindet drei Dimensionen miteinander: Ökologie, Soziales und Ökonomie.
Um diese Dimensionen transparent zu machen, hat die nationale und europäische Politik eine Vielzahl an Regularien und Standards auf den Weg gebracht: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (EU-CSRD) steigern u.a. den Handlungsdruck der Unternehmen, ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen zu messen und zu veröffentlichen. Die von der UN erarbeiteten Sustainable Development Goals (SDGs) bilden die Grundlage, auf die sich die Staatengemeinschaft geeinigt hat.

Aber nicht nur die ideellen Richtlinien der Politik bringen Herausforderungen mit sich. Die Ansprüche der Verbraucher haben sich ebenfalls geändert: Beim bewussteren Kauf legen sie einen stärkeren Wert auf Transparenz im Produktangebot. Auch die Händler fordern immer mehr Nachhaltigkeitsnachweise als Basis für eine Zusammenarbeit. An den Mehrkosten der Produktion möchten sich Verbraucher und Handelspartner laut Studienteilnehmer jedoch nicht beteilig. Die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Nachhaltigkeit und der Wirklichkeit ist an den Supermarktkassen spürbar. Obwohl der Trend zum nachhaltigen Konsum wächst, so herrscht über das zukünftige Marktpotenzial deshalb Unklarheit: Sind die Verbraucher überhaupt bereit, für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen?

Die Unsicherheiten in der Wirtschaftlichkeit werden durch instabile Lieferketten noch verstärkt. Rohstoffengpässe im Bereich der alternativen Proteine und Verpackungsmaterialien sowie des grünen Stroms sind zusätzliche Umstellungsrisiken, denen sich die Lebensmittelindustrie stellen muss. Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der BVE: „Der Transformationsprozess ist mit mehr Ressourcen verbunden – und nicht alle Unternehmen sind gleich gut aufgestellt. In der Lieferkette sind auch kleine Unternehmen von Regularien betroffen, die direkt nur größere Unternehmen umfassen. Das führt zu einer Überlastungsgrenze.“

Strategie ist alles

Aus der Studie geht hervor, dass Nachhaltigkeit ein Wettbewerbsfaktor ist: Die meisten Großunternehmen konnten bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie aufstellen, während kleinere Unternehmen nur zur Hälfte vorbereitet sind. Es zeigt sich, dass die Unternehmen dann erfolgreich sind, wenn Nachhaltigkeit zum Teil der Unternehmensstrategie wird und fest in den Managementprozess eingebunden ist.

Mit Blick auf den Verbraucher zeichnen sich in den unterschiedlichen Branchensegmenten verschiedene Prioritäten ab: So liegt bei der Fleisch- und Milchproduktion das Kriterium des Tierwohls im Vordergrund, während bei Fertiggerichten, Obst und Gemüse das Hauptaugenmerk der CO2- Fußabdruck ist. Allerdings können Verbraucher skeptisch auf Zertifikate reagieren: Das „klimaneutral-Label“ wird beispielsweise zunehmend hinterfragt und dient nicht mehr als positives Differenzierungsmerkmal. Sabet fordert eine einheitliche, europäische Regelung: „Politik, Handel und Industrie müssen gemeinsam handeln, die Zertifikate müssen verlässlich sein!“

Innerhalb der Unternehmensorganisation scheint Nachhaltigkeit vor allem im Bereich Marketing und Unternehmenskommunikation eine hohe Relevanz zu haben, gefolgt von der Produktion und Beschaffung. In den kommenden Jahren wird sich laut Autoren auch der interne Finanzenbereich vermehrt mit dem Thema beschäftigen müssen, da die Reporting Standards weiterhin steigen. „Gerade größere Betriebe könnten hier auf die Expertise von ESG-Managern (Nachhaltigkeitsmanagern) zurückgreifen“, so Autor Dr. Marius Ziegan von Ebner und Stolz.

Maßnahmen priorisieren

Bei Unternehmen, die Nachhaltigkeit bereits strategisch verankert haben, liegt die Priorisierung nachhaltiger Investitionsvorhaben ganz vorne, der jedoch eine mangelnde Planungssicherheit im Wege steht. Ziegan empfiehlt hierzu: „Das Management sollte sich auf eine Investition festlegen.“

Zu wenig Beachtung findet bei den konkreten Maßnahmen laut Autoren die „Wesentlichkeitsanalyse“ (Materialitätsanalyse). Als besonders wichtiger Teil der Nachhaltigkeitsstrategie kann sie bedeutende Themen und interessierte Stakeholder mit ihren Anforderungen und Erwartungen identifizieren und sollte damit ganz am Anfang eines gelungenen Transformationsprozesses stehen.

Nachhaltigkeitsbericht als Orientierung

Ab dem Geschäftsjahr 2024 gelten die Anforderungen der neuen „Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“. Die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird nun auf eine weit größere Anzahl von Unternehmen ausgeweitet. Schätzungen zufolge wird sich die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland dadurch um das Dreißigfache erhöhen. Spätestens ab diesem Jahr sind also auch KMU gut beraten, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen.

Im Nachhaltigkeits-Reporting hat sich der ESG-Ansatz (Environmental-Social-Governance) durchgesetzt. Er liefert bei ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten wichtige Einblicke in das unternehmerische Handeln, ist aber mit umfassenden Offenlegungspflichten und somit mit enormen Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Studienautor Dr. Jens Petersen empfiehlt, angesichts der vielen bürokratischen und praktischen Hürden den Kopf nicht in den Sand zu stecken: “Die Unternehmen müssen jetzt anfangen und sich Hilfe suchen!“

Und die ist nicht weit: Die BVE bietet deutschen Lebensmittelunternehmen mit Workshops, Webinaren, Schulungen und Leitfäden ihre Unterstützung im Transformationsprozess an.

Die gesamte Studie können sie kostenlos hier downloaden.

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