Vor 120 Jahren begann die Forschung auf der Versuchsstation Bad Lauchstädt. In die Recherchen zum Einsatz von Düngemitteln, Saatzucht oder zur richtigen Anbautechnologie reiht sich auch die Global Change Experimental Facility (GCEF) ein. Seit 2014 wird auf einer sieben Hektar großen Ackerfläche das Klima für die Jahre 2070 bis 2100 simuliert. Die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung der Universität Leipzig möchten herausfinden, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die biologischen Prozesse in landwirtschaftlichen Ökosystemen hat. Konkret soll geklärt werden, welche Bewirtschaftungsform am besten mit Trockenheit zurechtkommt, welche Pflanzengemeinschaften sich behaupten und wie sich der Ertrag und die Artenvielfalt der Bodenlebewesen verändert.
Eine Zeitreise für die Testfelder
Auf sieben Hektar Versuchsfläche sind 50 Freiland-Parzellen angeordnet, jeweils 16 mal 24 Meter groß. In der Hälfte der Einheiten wird das Klima von morgen simuliert, die andere Hälfte fungiert als Kontrollfläche unter aktuellen klimatischen Bedingungen. Alle Parzellen sind mit einer fünf Meter hohen Stahlkonstruktion ausgestattet. Bei den Parzellen mit Klimasimulation gehören dazu auch ausfahrbare Seitenwände, mobile Dächer sowie ein Beregnungssystem. In der Nacht schließen sich die Wände und Dächer und erhöhen so die Temperaturen. Im Sommer steuert ein Regensensor die Dächer, um die Niederschlagsmenge um rund 20 Prozent zu reduzieren. Im Winter und Frühjahr wird die Regenmenge mithilfe der Bewässerungsanlage um zehn Prozent erhöht. Das entspricht den Vorhersagen für die Klimaentwicklung in unseren Breitengraden für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Demnach kühlt es nachts weniger ab, im Sommer regnet es seltener, im Frühjahr und Herbst hingegen häufiger.
Das Gebiet um Bad Lauchstädt bei Halle ist gekennzeichnet durch einen relativ niedrigen Jahresniederschlag (etwa 490 mm) und eine mittlere Jahrestemperatur von 8,8 Grad Celsius. Der Boden besteht hier aus fruchtbarer Schwarzerde, wie sie in Osteuropa, Nordamerika und Teilen von Asien weit verbreitet ist. Bei Landwirten ist dieser Bodentyp beliebt, da er einen hohen Humusanteil aufweist, gut durchlüftet ist und Wasser gut halten kann.
Weniger Erträge, weniger Lebewesen
Bereits zu Beginn des Versuchs gab es die erste Überraschung. Die Schwarzerde konnte die veränderten Bedingungen nicht so gut abpuffern wie angenommen. Schon nach kurzer Zeit gab es weniger Boden-Bewohner. Regenwürmer, Milben, Springschwänze und Co. verloren zudem rund zehn Prozent ihrer durchschnittlichen Größe. Auf Dauer wird der Boden weniger fruchtbar, denn die Tiere zerkleinern organisches Material und versorgen die Pflanzen so mit Nährstoffen. Sind weniger von ihnen im Boden, sinkt auch die Produktivität. Über einen längeren Zeitraum hat das noch drastischere Folgen für die Pflanzen als die steigenden Temperaturen. Die Forscher gehen davon aus, dass der Ertragsverlust künftig zwischen zehn bis 25 Prozent liegen könnte.
Extensive Landwirtschaft besser als intensive
Bereits jetzt haben die Forscher herausgefunden, dass eine intensive Landwirtschaft, also eine Ertragsmaximierung durch den Einsatz von Technik und Düngemitteln, schlechter für den Boden ist, als eine extensive Landwirtschaft. Diese ist nachhaltiger und umweltverträglicher, es werden weniger Düngemittel und Pestizide eingesetzt sowie mehr Biodiversität ermöglicht. Im Hinblick auf extreme Wetterereignisse reagierten die extensiv bewirtschafteten Felder resistenter.
Die Folgen des Klimawandels auf die Landwirtschaft
Unumstritten ist, dass sich die Landwirtschaft in den nächsten 50 Jahren verändern wird. Sie wird weniger planbar sein. Landwirte müssen flexibler in der Auswahl ihrer Feldfrüchte werden. Eine höhere Diversität der Anbaupflanzen hilft, Ernteausfälle abzufedern. Dazu gehört unter anderem eine ausgewogene Mischung zwischen Sommer- und Winterkulturen. Sorten, die mit starken Temperatur- und Feuchtevariationen zurechtkommen, werden eine höhere Relevanz bekommen.