Vielfalt gemeinsam gestalten – das war das „What the Food“-Forum 2025

Die deutsche Lebensmittelwirtschaft ist bunt und war es schon, lange bevor „Diversity“ zum Schlagwort wurde. Und doch bleibt die Frage: Wie gelingt Integration auf Augenhöhe und mit klaren Erwartungen? Beim What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“ wurde diskutiert, zugehört und gemeinsam gedacht. Auf dem Podium trafen persönliche Geschichten auf wissenschaftliche, politische und unternehmerische Perspektiven. Der Tag machte deutlich: Integration fällt nicht vom Himmel. Sie lebt von klaren Regeln, gelebten Werten und echter Bereitschaft zur Teilhabe.

Gäste auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“Quelle: Jennifer Marke

Um über genau das zu sprechen haben wir gemeinsam mit dem Lebensmittelverband Deutschland das „What the Food“-Forum ins Leben gerufen. Am 18. September 2025 kamen in den Kindl-Locations in Berlin-Neukölln Gäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Ihr gemeinsames Ziel: Integration nicht nur fordern, sondern gestalten. Mit klaren Worten, offenen Fragen und dem Mut, Widersprüche auszuhalten.

Den Auftakt machte Carolin Weber, Vorständin des Lebensmittelverbands, die für den kurzfristig verhinderten Präsidenten René Püchner einsprang. In ihrer Begrüßung machte sie deutlich, warum das Thema nicht nur auf die politische, sondern auch auf die wirtschaftliche Agenda gehört, als Frage der Haltung, aber auch der Wettbewerbsfähigkeit.

Es folgte ein Grußwort von Staatsministerin Nathalie Pawlik. Sie sagte: „Wir müssen wieder mehr betonen, was gelingt. Trotzdem ist Integration kein Selbstläufer.“ Migration dürfe nicht allein über Arbeitsmarktzugang und Sprachkenntnisse definiert werden. Genauso wichtig sind gemeinsame Werte, echte Teilhabe und langfristige Perspektiven für ein gelungenes Zusammenleben.

📸 Das „What the Food“-Forum in Bildern:

Eröffnungsrede von Christoph Minhoff– Hauptgeschäftsführer BVE & Lebensmittelverband, auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Eröffnungsrede von Carolin Weber auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Grußwort von Nathalie Pawlik – Staatsministerin, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Gäste in der Kindl Location auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Gäste in der Kindl Location auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Keynote zu Migration in Deutschland: Zahlen, Fakten, Mythen: eine wissenschaftliche Perspektive von Prof. Dr. Frank Kalter – Leiter Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung e.V.
Aus dem Publikum stellt eine Frau eine Frage auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Impulsvortrag: Arbeitsmarkt & Integration – Chancen für Fachkräfte in der Ernährungsbranche von Prof. Panu Poutvaara – Leiter des ifo Zentrums für Migration und Entwicklungsökonomik
Khuong Dat Vuong – Geschäftsführer des Berliner Restaurants Monsieur Vuong diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Engin Ergün – Geschäftsführer ethnoIQ GmbH diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Publikum auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Khuong Dat Vuong – Geschäftsführer des Berliner Restaurants Monsieur Vuong diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Impulsvortrag: Bedeutung von Essen in sozialen und kulturellen Kontexten von Dr. Daniel Kofahl – Ernährungssoziologe, Büro für Agrarpolitik und Ernährungskultur – APEK
Mittagessen auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Gäste auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Susan Link moderiert das What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Impulsvortrag: Zusammenhalt in einer vielfältigen Gesellschaft – Chancen und Herausforderungen durch Migration von Ahmad Mansour – Psychologe, Autor und Integrationsexperte
Christoph Minhoff diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Caroline Bosbach diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“ im Panel Migration & Werte – Was hält uns zusammen?
Prof. Claudia Kardys – Professorin für Ernährungskommunikation und Public Health, Hochschule Niederrhein diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Dominique Macri
Gäste auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
Abschiedsbildschirm mit Sponsoren auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“
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Ein Plädoyer für gelebte Werte

BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff eröffnete das Forum mit einem leidenschaftlichen Appell für eine neue Integrationskultur, jenseits von Symbolpolitik und Polarisierung. Migration, so Minhoff, sei keine Bedrohung, sondern eine demografische Notwendigkeit und zugleich eine Herausforderung, die klare Regeln und gegenseitige Verantwortung erfordere.

Anhand persönlicher Erfahrungen aus seiner Heimat Duisburg-Marxloh schilderte er, wie Zuwanderung Stadtteile verändert und erhalten hat. Integration gelinge nicht durch Appelle allein, sondern durch das tägliche Leben gemeinsamer Werte. „Nur wer seine Werte praktiziert und vorlebt, macht sie sichtbar und verteidigt sie damit.“

Minhoff plädierte dafür, Probleme offen anzusprechen, mehr gesellschaftliche Durchlässigkeit zu ermöglichen und Integration als gemeinsame Aufgabe von Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft zu verstehen. Vielfalt, so sein Fazit, sei kein romantisches Ideal, sondern gelebte Realität. „Es liegt an uns allen, ob daraus eine Erfolgsgeschichte wird.“

Zahlen gegen Mythen

Wie steht es um die Akzeptanz kultureller Vielfalt in Deutschland? Prof. Dr. Frank Kalter vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung brachte Daten in die Debatte und erklärte, dass Migration für Deutschland keine Option, sondern eine demografische Notwendigkeit ist. Allein um den Rückgang der erwerbstätigen Bevölkerung auszugleichen, brauche es jährlich rund 400.000 Zuwanderer. Gleichzeitig machte er deutlich, dass Integration ein langfristiger Prozess ist, der Begleitung, Geduld und gesellschaftlichen Willen brauche

Panel 1: Drei Wege – drei Erfolgsgeschichten

Panel 3 mit Engin Ergün, Geschäftsführer der ethnoIQ GmbH, André Kowalew, Geschäftsführer des Hamburger Unternehmens Dovgan und Khuong Dat Vuong, Betreiber des Berliner Kultrestaurants Monsieur Vuong.Quelle: Jennifer Marke

Im ersten Panel wurde es persönlich. Unter dem Titel „Mein Weg – meine Stimme“ berichteten drei Unternehmer von ihrem Weg in die Selbstständigkeit und den gesellschaftlichen Hürden, die sie dabei überwinden mussten.

Engin Ergün, Geschäftsführer der ethnoIQ GmbH, erzählte, wie er einst ein Konzept für den Vertrieb von Halal-Gummibärchen in Deutschland entwickelte und damit Haribo überzeugte. „Diversity ist kein Trend. In den Regalen ist sie längst Realität“, so Ergün. Ethnomarketing richte sich nicht nur an eine Nische, sondern an eine wachsende Zielgruppe und sei auch ein Ausdruck von Wertschätzung, so Ergün.

André Kowalew, Geschäftsführer des Hamburger Unternehmens Dovgan, betonte die wirtschaftliche Bedeutung osteuropäischer Lebensmittel. Sein Unternehmen ist heute einer der größten Distributoren in diesem Segment.

Khuong Dat Vuong, Betreiber des Berliner Kultrestaurants Monsieur Vuong, berichtete, wie er mit 28 Quadratmetern und einer Suppe eine kulinarische Bewegung auslöste. Mittlerweile ist das Restaurant ein Stück Berliner Identität. „Ich habe einen Stein gesetzt für das Selbstbewusstsein der asiatischen Community“, so Voung.

Ernährung, Gesundheit und Kultur

Nach der Mittagspause folgte das zweite Panel mit Fokus auf Ernährung, Gesundheit und kulturelle Prägung. Dr. Daniel Kofahl, Ernährungssoziologe vom Büro für Agrarpolitik und Ernährungskultur (APEK), plädierte in seinem Impuls für eine differenzierte Perspektive auf Esskultur. Essen sei mehr als Nährstoffzufuhr. Es sei sozial, kulturell und identitätsstiftend.

Prof. Claudia Kardys – Professorin für Ernährungskommunikation und Public Health, Hochschule Niederrhein diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“Quelle: Jennifer Marke

Im anschließenden Panel diskutierten Pastor Bernd Siggelkow (Die Arche), Dr. Niels Pörksen (Südzucker AG), Prof. Claudia Kardys (Hochschule Niederrhein) und Dr. Daniel Kofahl über Ernährung und Teilhabe. Es wurde deutlich: Kinderarmut, Bildungsbenachteiligung und mangelndes Gesundheitsbewusstsein sind zentrale Herausforderungen, vor allem dort, wo Migration auf geringe sozioökonomische Ressourcen trifft.

Poetischer Blick und politische Debatte

Zwischen den Programmpunkten sorgte Dominique Macri mit ihren „Poetic Recordings“ für verdichtete Perspektiven. Sensibel, pointiert und wortgewaltig fasste sie das Gesagte zusammen.

Das letzte Panel stand unter der Überschrift: „Migration & Werte – Was hält uns zusammen?“ Ahmad Mansour, Psychologe und Autor, warb für eine neue Ehrlichkeit in der Debatte. „Politiker glauben oft, Integration sei Sprache plus Arbeit minus Kriminalität – aber das reicht nicht.“ Viele Zugewanderte kämen mit dem Wunsch nach Sicherheit, Freiheit und Wohlstand, seien aber mit einer Gesellschaft konfrontiert, die ihre Erwartungen kaum klar formuliere. Integration sei nur möglich, wenn Grundwerte nicht nur erklärt, sondern „in aller Deutlichkeit formuliert und vorgelebt“ würden. „Integriert ist man, wenn man Freiheit als Chance begreift und nicht als Risiko“, so Mansour.

Christoph Minhoff diskutiert auf dem What the Food-Forum „Diversity in the Food Industry“Quelle: Jennifer Marke

Im Panel sprachen Caroline Bosbach MdB, Oliver Bartelt (DMK), Ahmad Mansour, Nikolaus Blome (RTL) und Christoph Minhoff über Konfliktlinien, Polarisierung und Chancen. Auch hier war der Tenor klar: Wir müssen lernen, unsere Erwartungen klarer zu formulieren. Demokratie bedeutet auch Konflikt, aber auf Grundlage gemeinsamer Regeln.

Darüber hinaus war die limitierte Design-Edition von Milram ein Thema. Die Verpackung wurde in Teilen der sozialen Medien zur Zielscheibe, da auf ihr Menschen unterschiedlicher Herkunft abgebildet waren. „Was mich beunruhigt, ist nicht die mediale Berichterstattung, die war differenziert und sachlich“, sagte Oliver Bartelt, Kommunikationschef der DMK Group. „Aber es macht mir Angst, in welch kurzer Zeit eine Käseverpackung zur Projektionsfläche für eine Debatte werden kann, die an Absurdität kaum zu überbieten ist.“ Christoph Minhoff warnte davor, solche Diskussionen überhöht zu führen und dabei die gesellschaftliche Balance zu verlieren. Sein Appell: „Wir brauchen eine angstfreie Diskussion über Migration – weil wir die Menschen brauchen.“

Ein Tag, viele Perspektiven

Vielfalt ist längst gelebter Alltag, in der Lebensmittelwirtschaft, in der Gesellschaft, im Berufsleben. Doch sie braucht Pflege, klare Worte und offene Räume. Das „What the Food“-Forum hat gezeigt, wie wertvoll echte Begegnung, offene Debatten und gemeinsame Verantwortung sind. Wir bedanken uns bei unserem Partner, dem Lebensmittelverband Deutschland, und bei allen Speakern, Gästen und Partnern für ihr Engagement, ihre Perspektiven und ihre Offenheit. Und ein herzliches Dankeschön an unsere Sponsoren Dr. Oetker, Ferrero, Haribo, Lebensmittel Zeitung, Mars, Mondelez, Schwartau und Unilever.