Artikel 1 Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2025/40 betreffend Verpackungen (Verpackungsrecht-Durchführungsgesetz – VerpackDG)
1. § 1 Abs. 3 VerpackDG 70 Prozent Mehrwegquote aufgeben
Art. 26 Abs. 6 bis 12 PPWR sieht Mehrwegvorgaben für den Handel in Bezug auf Getränkeverpackungen vor. Danach müssen Endvertreiber von Verkaufsverpackungen für Getränke ab dem 1.1.2030 mindestens 10 Prozent dieser Produkte in wiederverwendbaren Verpackungen innerhalb eines Mehrwegsystems bereitstellen. Ab 2040 gilt eine unverbindliche Mehrwegquote in Höhe von 40 Prozent. Diese Regelung sollte zum Anlass genommen werden, um in Deutschland die überholte Zielsetzung einer Mehrwegquote in Höhe von 70 Prozent aufzugeben.
2. § 7 Abs. 3 VerpackDG Doppelbelastung durch Sonderabgabe gemäß Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) berücksichtigen
Das EWKFondsG verpflichtet die Hersteller bestimmter Verpackungen zur Zahlung einer Sonderabgabe an den Fonds. Die Einnahmen aus dem Fonds werden an die Kommunen ausgezahlt, die für die Sammlung und Reinigung der öffentlichen Flächen zuständig sind. Sofern die Verpackungen systembeteiligungspflichtig sind, entsteht für die Hersteller nach gegenwärtiger Rechtslage eine Doppelbelastung, da sie für die Verpackungen einerseits ein Beteiligungsentgelt an ihren dualen Systemträger zu entrichten haben und andererseits die erwähnte Sonderabgabe. Eine Verpackung kann jedoch nur einmal erfasst und entsorgt werden, entweder über den dualen Systemträger oder die kommunale Sammlung und Reinigung. Vor diesem Hintergrund bedarf es in § 7 Abs. 3 VerpackDG einer Regelung, die sicherstellt, dass Hersteller, deren Verpackungen mit einer Sonderabgabe nach dem EWKFondsG belegt sind, ihre Entgelte an die dualen Systemträger angemessen reduzieren können.
3. § 24 VerpackDG kein Erfordernis für die Gründung einer Organisation für Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen
Art. 51 Abs. 3 PPWR regelt, dass die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass Regime der erweiterten Herstellerverantwortung sowie Pfand- und Rücknahmesysteme einen Mindestanteil ihres Budgets der Finanzierung von Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen zuteilen. Die Umsetzung dieser Vorgabe hat nach diesseitigem Verständnis in einer bürokratiearmen und effizienten Weise zu erfolgen. Nur so kann auch den Zielen des Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD Rechnung getragen werden, die Wirtschaftsakteure nicht über Gebühr zu belasten, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken und die PPWR praktikabel umzusetzen.
Die Gründung einer speziellen Organisation für entsprechende Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen, die in § 24 Abs. 1 VerpackDG vorgesehen wird, trägt dieser Anforderung keine Rechnung. Der in § 24 Abs. 2 VerpackDG vorgesehene Verpflichtetenkreis ist sowohl heterogen als auch umfangreich. Es zeichnet sich ab, dass sowohl die Gründung als auch das Wirken dieser Organisation mit erheblichem Aufwand finanziell, personell und zeitlich verbunden wäre und zur organisatorischen Komplexität beiträgt. Es ist deshalb zielführend, eine bereits vorhandene Institution für die Mittelverwendung zur Durchführung der von der PPWR vorgesehenen Maßnahmen in Betracht zu ziehen und von der Gründung einer zusätzlichen Organisation Abstand zu nehmen. Die Zentrale Stelle, die in § 24 Abs. 3 VerpackDG bereits interimsweise vorgesehen ist, ist dazu geeignet, dies auch dauerhaft zu übernehmen. Alternativ könnte die Pflicht aus Art. 51 Abs. 3 PPWR eins zu eins bürokratiearm umgesetzt werden, indem die Gemeinsame Stelle der Systeme (§ 19 VerpackG) verpflichtet wird, einen Mindestanteil des Budgets der Systeme zur Finanzierung von Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen zu nutzen, beispielsweise zur Ausweitung der Kampagne „Mülltrennung wirkt“.
Erhobene Fördermittel wären gegebenenfalls einer sachbezogenen Verwendung zuzuführen. Für eine Auszahlung ausschließlich an gemeinnützige Körperschaften, wie dies in § 24 Abs. 3 VerpackDG vorgesehen wird, und der damit verbundenen NGO-Finanzierung besteht keine sachliche Veranlassung. Diese Zuordnung ist deshalb zu streichen.
4. § 25 VerpackDG überzogener Finanzierungsvorschlag
Diese Regelung sieht vor, dass Systeme, Branchenlösungen, sonstige Organisationen für Herstellerverantwortung und Hersteller, die ihre Verpflichtungen im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung für einen Teil oder die Gesamtheit der von ihnen bereitgestellten Verpackungen individuell erfüllen, ab dem 1. Januar 2027 einen Betrag in Höhe von fünf Euro je Tonne bei ihnen im jeweiligen Kalkulationszeitraum beteiligter Verpackungen zum Zweck der Finanzierung der genannten Organisation für Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen an die Zentrale Stelle zahlen. Sie soll Art. 51 Abs. 3 PPWR umsetzen. Jedoch wird dort lediglich vorgegeben, dass Regime der erweiterten Herstellerverantwortung und Pfand- und Rücknahmesysteme einen Mindestanteil ihres Budgets der Finanzierung von Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen zuteilen. Ein konkreter Betrag wird nicht genannt.
Der im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene pauschale Betrag in Höhe von fünf Euro pro Tonne ist nicht nachvollziehbar. Bei einem deutschlandweiten Aufkommen an Verpackungsabfall in Höhe von 18 Millionen Tonnen Stand 2023 resultiert daraus ein Betrag von bis zu 90 Millionen Euro jährlich. Eine wissenschaftliche Begründung für diese vorgesehene Festsetzung ist nicht ersichtlich, weder im Hinblick auf die Höhe noch auf die fehlende Differenzierung oder den Finanzbedarf einer entsprechenden Organisation.
Ausgangspunkt für den Umfang von Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen muss das Niveau der erweiterten Herstellerverantwortung im jeweiligen Mitgliedstaat sein. Je geringer es ist, desto mehr Bedarf besteht an entsprechenden Maßnahmen und einer damit verbundenen Finanzierung. Umgekehrt gilt, je höher das Niveau, desto geringer ist der Bedarf an den genannten Maßnahmen und damit auch das Finanzierungserfordernis.
Deutschland nimmt bei der Produktverantwortung für Verpackungen eine Vorreiterrolle ein. Bereits 1991 wurde die damalige Verpackungsverordnung erlassen, um die Verantwortung für die Entsorgung von Verpackungen vom Staat auf die Hersteller und Vertreiber zu verlagern. Sie führte das Prinzip der Produktverantwortung ein und legte fest, dass Unternehmen für die Rücknahme und Verwertung ihrer Verpackungen sorgen müssen. Ziel war es, Verpackungsabfälle zu reduzieren und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Das zwischenzeitlich in Kraft getretene Verpackungsgesetz hat das Prinzip der Produktverantwortung mit erweiterten Zielsetzungen, wie beispielsweise der Erhöhung der Recyclingquoten, fortgesetzt.
Systembeteiligungspflichtige Verpackungen, das heißt solche, die in privaten Haushalten und gleichgestellten Anfallstellen anfallen, werden bereits seit über dreißig Jahren deutschlandweit gesammelt, sortiert und einer hochwertigen Verwertung zugeführt. Mit dem Aufbau der Zentralen Stelle Verpackungsregister wurde dieses System weiterentwickelt, insbesondere die Beteiligungsquote erhöht und ein ökologischer Mindeststandard eingeführt, der jährlich aktualisiert wird und das recyclinggerechte Design sowie den Einsatz von Rezyklaten in Verpackungen fördert.
Entsprechendes gilt auch für den Teilstrom der Getränkeverpackungen. Die etablierten Pfandsysteme bei Mehrweg und Einweg sind international vorbildhaft. Sie gewährleisten jeweils nahezu umfassende Rückführungen. Getränkeindustrie und Handel unterstützen bereits seit vielen Jahren einen funktionierenden und hochwertigen Wertstoffkreislauf bei Einweg sowie die Wiederverwendung bei Mehrweg und optimieren die Systeme in Deutschland kontinuierlich.
Ein entsprechender Befund ist im Übrigen auch für den Bereich der industriellen und gewerblichen Verpackungen im Sinne des Art. 47 PPWR anzuführen. Das Verpackungsgesetz regelt in § 15 eine Rücknahmepflicht für nicht systembeteiligungspflichtige industrielle und gewerbliche Verpackungen, die insbesondere durch herstellergetragene Rücknahmesysteme beziehungsweise die Eigenrücknahme durch Hersteller und nachfolgende Vertreiber in der Lieferkette erfolgt. Die Umsetzung findet auf der Grundlage marktwirtschaftlicher Strukturen statt. Das dadurch geschaffene effiziente System zur Bewirtschaftung industrieller und gewerblicher Verpackungsabfälle trägt bereits heute maßgeblich zu einer ökologisch wertvollen Kreislaufwirtschaft bei. Zudem ist seitens der EU-Kommission anerkannt worden, dass die bisherige Umsetzung der europäischen Pflichten der erweiterten Herstellerverantwortung für industrielle und gewerbliche Verpackungen in Deutschland mit den Vorgaben der Abfallrahmenrichtlinie vereinbar ist.
Daraus leitet sich die Feststellung ab, dass den kreislaufwirtschaftlichen Anforderungen an Herstellung, Wiederverwendung und Verwertung von Verpackungen in Deutschland bereits auf einem hohen Niveau entsprochen wird. Vor diesem Hintergrund sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die es rechtfertigen würden, die aus Art. 51 Abs. 3 PPWR resultierende Verpflichtung in einer Größenordnung von fünf Euro pro Tonne zu bemessen und auf dieser Grundlage zulasten der Wirtschaft einen Gesamtbetrag im zumindest mittleren zweistelligen Millionenbereich zu generieren, um zusätzliche ökologische Fördermaßnahmen zu finanzieren. Im Hinblick darauf kann der durch die PPWR vorgegebene finanzielle Beitrag allenfalls einen Bruchteil des im Gesetzentwurf vorgesehenen Betrags ausmachen, der im Übrigen durch den konkreten Bedarf zur Finanzierung entsprechender Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen im Sinne des Art. 51 Abs. 3 PPWR determiniert wird. In diesem Zusammenhang sind auch die finanziellen Aufwendungen zu berücksichtigen, die bereits im Rahmen der aktuell praktizierten Herstellerverantwortung für die genannten Verpackungsarten erbracht werden und die durch die Sonderabgabe nach dem Einwegkunststofffondsgesetz sowie durch kommunale Verpackungssteuern ergänzt werden. Unter Berücksichtigung dessen kann sich das Finanzierungserfordernis auf null reduzieren.
5. § 26 VerpackDG keine Finanzierungsverpflichtung der Verpackungslieferkette für bestimmte Maßnahmen
Die in § 26 Abs. 1 Ziffer 4 vorgesehene Förderfähigkeit der kostengünstigen oder kostenlosen Abgabe von Wasser in der Gastronomie ist nicht nachvollziehbar. Art. 43 Abs. 6 PPWR, auf den diesbezüglich in der Gesetzesbegründung hingewiesen wird, sieht vor, dass die Mitgliedstaaten entsprechende Anreize schaffen. Es handelt sich hierbei um eine unmittelbare Verpflichtung der Mitgliedstaaten. Diese rechtfertigt es nicht, die Verpackungslieferkette zur Finanzierung entsprechender Maßnahmen heranzuziehen.
6. § 36 Abs. 4 Ziffer 7 VerpackDG keine Pfandpflicht für alkoholfreie Spirituosenalternativen sowie für Fruchtsaft und Gemüsesaft mit Kohlensäure
- Für Getränke mit keinem oder einem Alkoholgehalt von bis zu 1,2 Prozent vol sollte eine Ausnahme von der Pfandpflicht vorgesehen werden, da diese besonderen Verzehranlässen dienen und als funktionale Alternative zu Spirituosen genutzt werden. Eine Pfandpflicht wäre unverhältnismäßig, da das Segment klein ist und der ökologische Nutzen minimal wäre.
- Entsprechendes sollte auch weiterhin für Fruchtsaft und Gemüsesaft mit Kohlensäure gelten. Es handelt sich hierbei um eine Untergruppe der Säfte, deren Einbeziehung in die Pfandpflicht aus denselben Gründen ebenfalls unverhältnismäßig wäre. Ergänzend wird auf die detaillierten Stellungnahmen des Bundesverbands der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V. sowie des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie e. V. verwiesen.
7. § 57 VerpackDG EU-einheitlichen Herstellerbegriff ab Geltungsbeginn der PPWR sicherstellen
Die PPWR ist am 11. Februar 2025 in Kraft getreten und findet 18 Monate später Anwendung. Sie soll eine einheitliche Umsetzung in allen Mitgliedstaaten gewährleisten. Damit stellt die Definition des Herstellers in Art. 3 Abs. 15 PPWR ab dem 12. August 2026 europaweit geltendes Recht dar.
Die EU-Kommission beabsichtigt, zur Eindämmung der bürokratischen Belastung den Mitgliedstaaten im Zeitraum zwischen dem 12. August 2026 und dem 1. Januar 2027 die Möglichkeit einzuräumen, von der einheitlichen Herstellerdefinition abzuweichen und gegebenenfalls anderslautende nationale Bestimmungen bis zum Jahresende zuzulassen. Dieses Vorhaben birgt ein erhebliches finanzielles Risiko für die Finanzierung der dualen Systeme im vierten Quartal 2026.
Der Herstellerbegriff im geltenden Verpackungsgesetz und in der PPWR ist nicht kongruent. Bei Importware ist Hersteller nach dem Verpackungsgesetz in der Regel der Lieferant aus dem Ausland, gemäß PPWR hingegen die erste Handelsstufe im Einfuhrland. In Deutschland sind hiervon knapp 40 Prozent der Marktmenge systembeteiligungspflichtiger Verpackungen betroffen, da die Herstellereigenschaft von einem ausländischen Lieferanten auf ein inländisches Handelsunternehmen übergeht. Aktuell beträgt der Anteil der Verpackungen, die das System für Verpackungen aus privaten Haushalten und vergleichbaren Anfallstellen finanzieren, etwa 80 Prozent. Sofern dieser Anteil unter 70 Prozent fällt, geht die Zentrale Stelle Verpackungsregister davon aus, dass die Infrastruktur des dualen Systems in Deutschland nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Ein betroffener Anteil von 40 Prozent würde damit eine systemgefährdende Größenordnung darstellen.
Sofern Mitgliedstaaten abweichende Regelungen treffen, etwa indem das Inkrafttreten der Herstellerdefinition auf den 1. Januar 2027 verschoben wird, steht dies im Widerspruch zu geltendem europäischem Recht. Da es sich bei der PPWR um eine Verordnung handelt, die ab dem 12. August 2026 unmittelbar Anwendung findet, besteht kein Spielraum für nationale Abweichungen im Bereich der Definitionen. Sollte ein solcher Ansatz dennoch umgesetzt werden, entstünde ein vollzugsfreier Raum, in dem Verstöße gegen die Systembeteiligungspflicht im Bereich von Importware nicht geahndet werden könnten.
Vor diesem Hintergrund besteht ein dringendes Erfordernis, dass sich die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission für die Anwendung eines EU-einheitlichen Herstellerbegriffs ab dem Geltungsbeginn der PPWR einsetzt.
