Forderungen der Ernährungs- und Getränkewirtschaft für Leitlinien zum Umgang mit Wasserknappheit
Sehr geehrte Frau Dr. Ammermüller,
die Versorgung der Menschen mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln ist einer der wichtigsten Eckpfeiler jeder Gesellschaft – so auch in Deutschland. Besonders schätzen Verbraucherinnen und Verbraucher hierzulande die politisch häufig gewünschte Kleinteiligkeit und Regionalität der stark mittelständisch geprägten Ernährungs- und Getränkewirtschaft.
Der Zugriff auf qualitativ hochwertiges Wasser ist ein wichtiger Grundstein für die Erhaltung dieser vielmals regionalen und dezentralen Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln aus Deutschland und seinen Regionen. Die Lebensmittelbetriebe sind damit auf die Nutzung der Grundwasservorkommen vor Ort in besonderem Maße angewiesen.
Ernährungs- und Getränkewirtschaft: Kleiner Wasserentnehmer mit fundamentaler Bedeutung für die Daseinsvorsorge in normalen und Krisen-Zeiten
Die Ernährungs- und Getränkewirtschaft ist ein sehr kleiner Entnehmer von Wasser. Der Anteil an den Grundwasserentnahmen beträgt deutschlandweit rund 2,5 % (Tabelle 1). Die Wasserentnahmen werden unmittelbar für die Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken verwendet. Die Getränke- und Lebensmittelbetriebe stellen eine dezentrale Infrastruktur für die (Nah-)Versorgung der Bevölkerung zur Verfügung, die sich auch in vergangenen Krisen und Katastrophenfällen bewährt hat. Folgerichtig zählt die Nationale Wasserstrategie die Lebensmittelversorgung neben der öffentlichen Wasserversorgung zu den kritischen Bereichen der Daseinsvorsorge.
Deutschland ein wasserreiches Land – regionale Engpässe möglich
Deutschland bleibt auch in Zeiten des Klimawandels grundsätzlich ein wasserreiches Land. Prognosen des DVGW zeigen, dass bis zum Jahr 2100 national kein Wasserstress droht. Die Grundwasserentnahmen werden sich sogar von aktuell rund 12 % auf rund 8 % des erneuerbaren Dargebotes verringern. Dieser positive Gesamtbefund schließt jedoch nicht aus, dass es in einzelnen Regionen durch den Klimawandel zu Einschränkungen beim natürlichen Dargebot kommen kann. Entsprechend sind alle Wasserentnehmer vor besondere Herausforderungen gestellt.
Die Ernährungs- und Getränkewirtschaft unterstützt deshalb den Prozess, einen transparenten, einheitlichen und fairen Rahmen für ein gemeinsames Handeln zu finden. Aus Sicht der Ernährungs- und Getränkewirtschaft sollten sich die Leitlinien für Wasserknappheit an den folgenden Eckpunkten orientieren:
- Die an der Erstellung der Leitlinien beteiligten Stakeholder sollten sich gemeinsam politisch für Investitionen in den Ausbau der Wasserinfrastruktur einsetzen. Den Auswirkungen des Klimawandels auf das Dargebot können wir am besten begegnen und damit Knappheits-Szenarien vermeiden, wenn die Wasserversorgung z. B. durch Verbundsysteme, Ausbau von Talsperren und Investitionen in Grundwasserneubildung gestärkt wird – insbesondere dort, wo Engpass-Szenarien drohen.
- Die Leitlinien müssen praxisgerechte und rechtssichere Entscheidungen im Einzelfall vor Ort ermöglichen. Sie dürfen nicht zu pauschalen Ausschlüssen von Wassernutzungen führen.
- Die Funktion der Ernährungs- und Getränkewirtschaft als Teil der Daseinsvorsorge muss sich in den Kriterien für die Verteilung bzw. Aufrechterhaltung von Wasserrechten bei akuter Wasserknappheit widerspiegeln – gemäß der Nationalen Wasserstrategie.
- Wasserrechte müssen auch in Zukunft ausreichend befristet sein. Bewährt haben sich Laufzeiten von 20 bis 30 Jahren. Nur so ist es den Betrieben möglich, Investitionen in die betriebliche Wasserinfrastruktur zur Anpassung an den Klimawandel durchzuführen.
- Wasserrechte mit diskontinuierlichen Entnahmen, insbesondere grundsätzlich reduzierte Entnahmen in den Sommermonaten, lehnen wir ab. Sie widersprechen vollständig den betrieblichen Bedürfnissen der Lebensmittelhersteller.
- Entscheidungen auf Grundlage der Leitlinien müssen faktenbasiert sein. Dafür ist die vollständige Dokumentation aller Wasserentnahmen durch die Entnehmer erforderlich. Ebenso müssen alle (alten) Wasserrechte von den Wasserbehörden erfasst werden.
- Prognosen über die zukünftigen Entnahmen müssen gemeinsam mit den betroffenen Branchen entwickelt werden. Die mit der Prognose der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung in den Regionen verbundenen Unsicherheiten müssen angemessen berücksichtigt werden.
- Die Bestimmung von Schwellenwerten für Wasserknappheit und die zukünftige Entwicklung des Dargebotes darf sich nicht einseitig an Worst-Case-Szenarien orientieren. Extreme Betrachtungsweisen, die zu einer lediglich „rechnerischen“ Wasserknappheit führen, lehnen wir ab.
- Die Umsetzung der Leitlinien muss praxisorientiert und ohne zusätzliche Bürokratie erfolgen. Verschärfungen gegenüber bestehenden Regelungen in anderen europäischen Ländern müssen vermieden werden (Level-Playing-Field).
Die vorgenannten Punkte sind aus unserer Sicht von erheblicher Relevanz. Dabei bedarf die besondere Bedeutung, die sich für die Unternehmen der Lebensmittel- und Getränkewirtschaft bei der Versorgung der Bevölkerung unverzichtbar im Bereich Ernährungssicherung ergibt, einer angemessenen Berücksichtigung bzw. Gewichtung bei der Ausgestaltung der Nationalen Wasserstrategie.
Gerne beteiligen wir uns weiterhin aktiv am Verfahren und danken für die bisherige Berücksichtigung. Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Der Deutsche Brauer-Bund e. V.
Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer
E-Mail: eichele@brauer-bund.de I Telefon 030 209167-25
(Registernummer im Lobbyregister: R000424)
Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e. V. (BVE)
Peter Feller, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer
feller@ernaehrungsindustrie.de | Tel.: 030-200 786 160
(Registernummer im Lobbyregister: R000283)
Verband Deutscher Mineralbrunnen e. V. (VDM)
Jürgen Reichle, Geschäftsführer
juergen.reichle@vdm-bonn.de | Tel.: 0228-959900
(Registernummer im Lobbyregister: R000843)
Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e. V. (wafg)
Dr. Detlef Groß, Hauptgeschäftsführer
dagross@wafg.de | Tel.: 030-259 258 11
(Registernummer im Lobbyregister: R000880)