Präzisionsfermentation – ein neues Standbein der Ernährungswirtschaft?

Die Europäische Union hat im Rahmen des Arbeitsprogramms 2024 des Europäischen Innovationsrats (EIC) 50 Millionen Euro bereitgestellt, um Startups und kleine Unternehmen bei der Skalierung alternativer Proteinproduktion zu unterstützen. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf Techniken wie der Präzisionsfermentation, denn das biotechnische Verfahren scheint vielversprechend im Bereich der Nachhaltigkeit, Effizienz und Widerstandsfähigkeit in der europäischen Lebensmittelversorgungskette.

Quelle: Parilov / Adobe Stock

Proteine aus biotechnischer Produktion

Bei der Präzisionsfermentation werden unter Verwendung von Bakterien, Hefen oder anderen Pilzen echte Ei- und Milchproteine wie Molke und Kasein hergestellt. Lebensmittel aus Präzisionsfermentation bieten folglich den vertrauten Geschmack und die Textur von herkömmlich erzeugten Produkten wie Käse und Milch. Mit dem biotechnischem Produktionsverfahren ist es aber nicht nur möglich, Bakterien gezielter auszuwählen, sondern auch ihre Funktion präzise zu programmieren. Dabei wird die DNA von Mikroorganismen so verändert, dass sie spezifische Inhaltsstoffe produzieren. So kann man dank veränderter Bakterien und pflanzlicher Nährstoffe rekombinante Proteine wachsen lassen, die bisher nur von tierischen Lebewesen erzeugt werden. Das Ergebnis kommt beispielsweise in der industriellen Käseproduktion zum Einsatz, wo fermentativ hergestelltes Chymosin statt Kälberlab verwendet wird. Gegenüber Ersatzprodukten aus pflanzlichen Quellen haben sie den Vorteil, dass sie die gleichen Eigenschaften und Funktionen wie die tierischen Produkte aufweisen, weil sie chemisch identisch sind. Das macht sie besonders interessant für die Weiterverarbeitung, bei der zum Beispiel die strukturgebenden Eigenschaften von Proteinen eine wichtige Rolle spielen.

Vorteile:
➕ Proteine wachsen schnell – die Menge kann sich innerhalb von Stunden verdoppeln.
➕ Proteine aus Fermentation brauchen nur wenige Ressourcen.
➕ Indem landwirtschaftliche Überschüsse und Nebenprodukte in Lebensmittel verwandelt werden, können Lebensmittelverluste reduziert und natürliche Ressourcen geschont werden.

Nachteile:
➖ Die Erzeugung des Geschmacks und der Textur von tierischen Produkten durch Fermentation erfordert den Einsatz von neuen technologischen Verfahren. Viele Ansätze dafür sind noch in einem sehr frühen Stadium, auch mangelt es an öffentlichen Investitionen in die Open-Access-Forschung.
➖ Noch besteht kein verlässlicher Rechtsrahmen für die Regulierung.
➖ Bislang gibt es keine klare Produktbezeichnung.
➖ Verbraucher haben noch Schwierigkeiten, die neue Produktionsmethode zu akzeptieren.

Fazit: Durch die Kombination von traditioneller Viehwirtschaft, pflanzlichen Alternativen und Produkten aus der Präzisionsfermentation könnten unsere Klimaziele leichter erreicht werden. Die Technologien sind fortschrittlich, doch die Kapazitäten zur Herstellung und Vermarktung dieser Lebensmittel werden nur dann zunehmen, wenn die Hersteller überzeugt sind, dass die Produkte eine Zukunft haben. Letztendlich wird die Akzeptanz bei den Verbrauchern darüber entscheiden, ob die Palette der möglichen Lebensmittelanwendungen größer und die Präzisionsfermentation ein Standbein der Ernährungsindustrie wird.

Wie Israel die Ernährung der Zukunft entwickelt

Israel hat sich in den vergangenen Jahren weit über seine Grenzen hinaus mit Lebensmittelinnovationen einen Namen gemacht und ist zu einem der weltweit wichtigsten Innovationshubs für Foodtech geworden.
Reste einer Pizza werden mit einer Gabel in den Müll geschmissen.

Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung: Hersteller setzen auf Kreativität und Aufklärung      

Vom 29. September bis 6. Oktober findet die Aktionswoche „Zu gut für die Tonne“ gegen Lebensmittelverschwendung statt. Die BVE unterstützt diese Initiative und macht deutlich, wie sich Unternehmen der Lebensmittelindustrie bereits aktiv für die Reduzierung von Lebensmittelverlusten einsetzen.