„Sicherheitsvorkehrungen müssen mit den neuen Angriffsvektoren mithalten“

Die Ernährungssysteme befinden sich in einer Transformation. Im Interview und auf dem 10. Außenwirtschaftstag der Agrar- und Ernährungswirtschaft erklärt uns Frederik Eggers, Strategic Relationship Manager bei der Aon Versicherungsmakler Deutschland GmbH, welche Herausforderungen er im Hinblick auf Digitalisierung und transparente Lieferketten sieht und welche Unterstützung die Unternehmen in den notwendigen und schwierigen Transformationsprozessen bei AON erhalten können.

Quelle: AON

BVE: Wie resilient sind Produktionsprozesse in Zeiten fortschreitender Digitalisierung?

Frederik Eggers: Insbesondere durch die Digitalisierung der Produktionsprozesse und der damit einhergehenden Vernetzung von Anlagen und Maschinen steigen die Ausfallrisiken der Betriebstechnologie. Gleichzeitig müssen die für die Produktions-IT getroffenen Sicherheitsvorkehrungen mit den neuen Angriffsvektoren mithalten. Hierdurch steigt die Gefahr, dass Sicherheitslücken in der Betriebstechnologie (OT) von Angreifern ausgenutzt werden und zu erheblichen finanziellen Auswirkungen führen. Ein Cyber-Angriff auf die Produktions-IT wirkt sich unmittelbar auf den Geschäftsbetrieb aus und führt regelmäßig zu hohen Betriebsunterbrechungsschäden, Kosten für die Wiederherstellung von Daten und Systemen und IT-Forensikkosten. Mit steigender Digitalisierung wird es umso notweniger, Cyber-Risiken kontinuierlich zu bewerten, zu mindern und zu transferieren, um die finanziellen Auswirkungen von Cyber-Angriffen möglichst gering zu halten.

BVE: Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz beschäftigt die Branche: Worauf kommt es jetzt an?

Frederik Eggers: Auch bei einer sorgfältigen Dokumentation der Lieferanten sind Unternehmen nicht automatisch vor behördlichen Ermittlungen geschützt. Ermittlungskosten die durch Anwälte oder Dritte die bei der Aufklärung, Identifikation und Prävention involviert sind, können starke monetäre Belastungen auf ein Unternehmen haben. Auch durch das Bekanntwerden von Ermittlungen stehen viele Unternehmen vor einem möglichen Schaden ihrer Reputation. Professionelles Krisenmanagement kann diese minimieren oder ganz abwenden, auch hier sind die Kosten für externe Berater ein nicht zu unterschätzender Kostenblock. Neben diesen Risiken können auch noch Persönlichkeitsrechte verletzt worden sein, die in der Regel zu hohen Kosten bei Schadensersatzleistungen führen. Alles in allem gilt festzuhalten, dass im Zuge des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes das Risiko der behördlichen Ermittlungen gestiegen ist, so dass jedes Unternehmen für ausreichenden Deckungsschutz sorgen sollte, damit die genannten Folgekosten abgedeckt sind. Für ein effektives Krisenmanagement sollte auch jedes Unternehmen mit spezialisierten Beratern Ablaufpläne und Handlungsanweisungen erstellen. Auch jährliche Übungen helfen, eine Krise sicher zu bewältigen.

BVE: Wie kann ein Sicherheitsnetz im Falle eines Produktrückrufs in der Lebensmittelindustrie aussehen? Welche Unterstützung bieten Sie an?

Frederik Eggers: Trotz der hohen Qualitätsstandards in Deutschland kann es immer wieder zu einer Kontamination von Lebensmitteln im Produktionsprozess im In- und Ausland kommen. Die Gründe hierfür können von unbeabsichtigter Verunreinigung über Produkterpressung bis hin zu vorsätzlicher Manipulation im Prozess kommen. Ein Sicherheitsnetz sollte immer aus drei Komponenten bestehen: Versicherungsschutz, präventives und aktives Krisenmanagement. Eine entsprechende Versicherungslösung deckt einen Großteil der bei derartigen Schäden für das betroffene Unternehmen anfallenden Kosten und finanziellen Einbußen ab, insbesondere die Rückrufkosten, Wiederherstellungs- und Beschaffungskosten, entgangener Gewinn, Werbemaßnahmen sowie Beraterkosten für das Krisenmanagement. Wir bieten außerdem ein Kontingent an Stunden für präventive Krisenmanagement-Maßnahmen mit Krisenmanagern, etc. an.

BVE: Die letzte Zeit war vor allem durch Kostensteigerungen und Inflation geprägt. Gibt es Alternativen zur Finanzierung des Cash-Flow?

Frederik Eggers: Nicht nur Banken, sondern auch Versicherungen bieten heute intelligentes Finanz- und Cash-Flow-Management für Unternehmen. Neben der reinen Einkaufsfinanzierung, die verlängerte Zahlungsziele bietet, gibt es noch weitere innovative Möglichkeiten, den Cash-Flow entsprechend zu entlasten. Zusätzlich zu dem bekannten Factoring bieten die Märkte auch ein sogenanntes Reserve Factoring, welches auch Supply Chain Finance genannt wird. Das Grundprinzip des Reverse Factorings besteht darin, dass die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen eines Unternehmens gegenüber einem oder mehreren Lieferanten von einem Factor angekauft werden. Die Verbindlichkeit gegenüber dem Lieferanten wird innerhalb kürzester Zeit durch den Factor beglichen. Somit verfügt das Unternehmen über eine höhere Liquidität. Der wesentliche Vorteil beim Supply Chain Finance ist, dass für den Factor lediglich das Unternehmen (also unser Kunde) das Risiko ist. Beim normalen Factoring sind sowohl unser Kunde als auch seine Abnehmer als Risiko zu betrachten.

BVE: Vielen Dank für das Interview!


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Der Außenwirtschaftstag der Agrar- und Ernährungswirtschaft wird gefördert durch die Landwirtschaftliche Rentenbank.

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