Obwohl das Gesetz bereits seit dem 1. Januar 2024 in Kraft ist, bleibt der Anwendungsbereich nach wie vor weitgehend unklar. Ein Grund sind die vielen unerledigten Einordnungsanträge, die Unternehmen beim UBA gestellt hatten. Auch über eingelegte Widersprüche hat das UBA bisher nicht entschieden. Die fehlende Orientierung verursacht große Rechts- und Planungs-Unsicherheiten.
Breite Kritik gibt es zudem an der Interpretation des Begriffs „Sofortverzehr“. Während das Gesetz von Produkten ausgeht, die „bestimmt“ sind, unmittelbar nach dem Kauf verzehrt zu werden, scheint das UBA alle Produkte erfassen zu wollen, die dafür „geeignet“ seien. Diese Auslegung würde unter anderem auch Supermarktprodukte wie Joghurt, Butter, Mozzarella, Feinkostsalate, Fleisch- und Wurstwaren erfassen – obwohl diese in der Regel nicht für den Sofortverzehr bestimmt sind. Darin ist ein Widerspruch zum Sinn und Zweck des Gesetzes. Erst kürzlich hagelte es Kritik, weil das Umweltbundesamt abgepackte Marmeladen als abgabepflichtig im Sinne des Einweg-Kunststoff-Fonds-Gesetzes einstufte.
Wettbewerbsnachteile bei Exporten
Auch bei der Behandlung von Exporten fordern die Unterzeichnenden ein Umdenken. Laut UBA sind alle in Deutschland in Verkehr gebrachten Einweg-Kunststoffprodukte abgabenpflichtig – auch dann, wenn diese später exportiert werden. Lediglich Produkte, die unmittelbar nach der Herstellung exportiert werden, sollen ausgenommen werden. Das führt dazu, dass deutsche Produzenten bei Lieferungen an Exporteure doppelt belastet würden: durch die Abgabe in Deutschland und eine weitere Abgabe im Bestimmungsland.
Die Verbände sehen hierin eine massive Benachteiligung deutscher Hersteller, da vergleichbare Regelungen in den Niederlanden und Österreich den Export ausdrücklich entlasten. Massive Auftragseinbrüche und Werksschließungen sind bereits zu verzeichnen. Die UBA-Auslegung widerspricht zudem dem Willen des Gesetzgebers, wonach Produkte, die zum Export bestimmt sind, nicht abgabenpflichtig sein sollen, da die Abgabe ausschließlich die notwendigen Kosten für Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung, der Reinigung des öffentlichen Raums sowie von Sensibilisierungsmaßnahmen in Deutschland decken soll.
Kritik an Bürokratiekosten
Neben der rechtlichen Unsicherheit kritisieren die Verbände auch die im Gesetz vorgesehene Pflicht zur Prüfung der Mengenmeldungen durch registrierte Sachverständige oder Wirtschaftsprüfer. Eine solche Prüfpflicht ist in der EU-Richtlinie nicht vorgesehen und stellt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen eine unverhältnismäßige Belastung dar. Nach Schätzungen wären etwa 80 Prozent der verpflichteten Unternehmen von der teuren Prüfung betroffen, die in vielen Fällen die Höhe der Sonderabgabe übersteigen würde. Die vom UBA angekündigte Aussetzung der Prüfpflicht für die erste Mengenmeldung wird von den Verbänden begrüßt. Wir fordern jedoch, dauerhaft auf die Prüfpflicht zu verzichten.
Verbände bieten Dialog an
Die BVE und alle weitere unterzeichnenden Organisationen bitten den Bundesumweltminister, sich gegenüber dem UBA für eine richtlinienkonforme Auslegung einzusetzen und zu prüfen, ob die Umsetzung nicht – wie in den Nachbarländern – bürokratiearm erfolgen kann. Die Vorschläge können gern in einem persönlichen Gespräch erörtert werden.
Unterzeichner des Schreibens:
- Allianz Verpackung und Umwelt e.V.
- Verband Bayerischer Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie e.V. (VBPV)
- Bundesverband der Systemgastronomie e.V.
- Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V.
- Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft e.V.
- BGA – Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.
- Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V.
- Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse e.V.
- Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
- Der Getränkekarton – Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e.V. (FKN)
- Fachverband Faltschachtel-Industrie e.V.
- GKV Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V.
- Handelsverband Deutschland – HDE – e.V.
- IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.
- IPV Industrieverband Papier- und Folienverpackung e.V.
- Markenverband e.V.
- Milchindustrie-Verband e.V.
- PRO-S-PACK – Arbeitsgemeinschaft für Serviceverpackungen e.V.
- Waren-Verein der Hamburger Börse e.V.
- Wirtschaftsverband Papierverarbeitung (WPV) e.V.