15 Prozent Zoll – ein Dämpfer für die deutsche Ernährungsindustrie

Mit dem am 31. Juli verkündeten Abkommen zwischen den USA und der EU wurde ein drohender Zollsatz von 30 Prozent auf Lebensmittelimporte aus Europa abgewendet. Stattdessen gilt ab dem 7. August ein einheitlicher Zollsatz von 15 Prozent. Während diese Einigung den transatlantischen Handelskonflikt entschärft, bleiben viele Fragen offen. BVE-Geschäftsführer Olivier Kölsch spricht über die Hintergründe, die Bewertung durch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie und die zu erwartenden Folgen für deutsche Exporteure.

Herr Kölsch, was bedeutet der kürzlich abgeschlossene Deal zwischen den USA und der EU konkret für die deutsche Ernährungsindustrie, und welche Punkte sind derzeit noch offen?
„Der Abschluss des Abkommens bringt für unsere Branche die Gewissheit, dass die angedrohten Zölle in Höhe von 30 Prozent (zumindest für den Moment) vom Tisch sind. Der am Donnerstag den 31. Juli veröffentlichte Executive Order von Donald Trump legt fest, dass alle aus der EU stammenden Lebensmittelimporte in die USA ab dem 7. August einem Gesamtzollsatz von 15 Prozent unterliegen. Noch offen ist hingegen, welche Waren gemäß der Vereinbarung zwischen Donald Trump und Ursula von der Leyen womöglich von einem zollfreien Handel (sog. ‚Zero-for-Zero‘-Tarif) profitieren könnten. Die Erstellung einer entsprechenden Produktliste sowie ein Zeitplan zur Einführung dieser Ausnahmen stehen noch aus.“

Wie bewertet die BVE den jüngsten USA-EU-Handelsdeal im Hinblick auf seine Chancen und Risiken für die deutsche Ernährungsindustrie?
„Das Abkommen war ein wichtiger Schritt, um eine Eskalation im transatlantischen Handelskonflikt zu vermeiden. Für uns ist außerdem entscheidend, dass mit dem Deal die Gefahr von Gegenzöllen der EU auf wichtige Rohstoffe aus den USA abgewendet wurde. Schließlich importiert Deutschland bis dato mehr Agrarrohstoffe, Lebensmittel und Getränke aus den USA, als wir dorthin exportieren. Allerdings stellen die 15 Prozent Zölle für Exporte in die USA eine enorme Belastung für die vor allem klein und mittelständisch aufgestellte deutsche Ernährungsindustrie dar. Der Deal weist jedoch mehrere Unsicherheiten auf, da diesem eine rechtsverbindliche, vertragliche Verankerung fehlt. Es handelt sich um eine politische Vereinbarung, ohne Nennung konkreter Details zu Ausnahmen, Zeitplan oder Wirksamkeitsdauer. Ebenso ist unklar, ob diese mit dem von der EU bis dato propagierten regelbasierten Welthandel gemäß den WTO Regeln vereinbart ist. Wir bewerten den Deal zwischen den USA und der EU daher verhalten optimistisch, jedoch mit entsprechender Vorsicht.“

porträt von Olivier Kölsch, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V.
Olivier Kölsch, Geschäftsführer der BVE

Welche konkreten Folgen erwarten Sie für deutsche Lebensmittel- und Getränkehersteller durch den neuen 15-Prozent-Zoll der USA?
„Die USA sind im Bereich Lebensmittel und Getränke einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands außerhalb der EU. Der neue Zoll in Höhe von 15 Prozent reduziert die ohnehin schon geschwächte Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen im US-Markt deutlich. Dies wird sicherlich dazu führen, dass Unternehmen ihr Exporttätigkeit neu überdenken müssen und sich gegebenenfalls aus dem US-Markt zurückziehen. Ebenso zwingt dies Unternehmen dazu, entweder Margen zu verkleinern und/oder Preise anzupassen. Das wird gleichermaßen negative Auswirkungen auf die Produzenten in Deutschland sowie die Händler und ggf. auch Konsumenten in den USA haben.“

Wie hat sich die Zollpolitik der USA gegenüber Lebensmitteln und Getränken aus Europa seit Beginn des Handelskonflikts verändert, und was ist aktuell noch unklar?
„Vor dem Handelskonflikt lagen die regulären US-Zollsätze für Lebensmittel- und Getränkeeinfuhren aus Europa zumeist im einstelligen Bereich. Diese waren jedoch bereits mit dem Anfang April 2025 von Donald Trump erlassenen Basiszoll in Höhe von 10 Prozent auf Einfuhren in die USA Geschichte. Die 2019 eingeführten Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf ausgewählte Produkte waren bis dato ausgesetzt, ob dies so bleibt oder ob diese nun endgültig gestrichen werden, ist unklar.“

Welche Auswirkungen wird die Erhöhung der Zölle auf 15 Prozent voraussichtlich für die einzelnen Unternehmen der Ernährungswirtschaft haben?
„Das kann man so pauschal nicht sagen, sondern kommt sehr auf den jeweiligen Betrieb an. Die Ernährungswirtschaft ist chronisch margenschwach. Die Erhöhung auf 15 Prozent ist für viele Exporteure ein echter Einschnitt und kann je nach Produkt und Preissensibilität des Marktes zu einer spürbaren Belastung werden.“

Wie werden die deutschen Exporteure die durch die neuen Zölle entstehenden Mehrkosten voraussichtlich handhaben – eher selbst tragen oder an die Kunden weitergeben?
„Auch diese Frage kann nicht pauschal und muss von jedem Unternehmen individuell beantwortet werden. Branchenübergreifend erwarten wir eine Mischstrategie. Einen Teil der Mehrkosten werden viele Unternehmen sicherlich versuchen selbst tragen, um Marktanteile zu sichern. Einen Teil der Mehrkosten werden viele Unternehmen jedoch auch in der Lieferketten weiterreichen. Inwieweit und in welcher Höhe dieser Anteil durch die anderen Marktbeteiligten aufgefangen oder bis ans Ende der Kette an die US-amerikanischen Konsumenten weitergegeben wird, bleibt abzuwarten. Bei der Höhe der durch den Einfuhrzoll generierten Zusatzkosten gehen wir jedoch mittel- bis langfristig davon aus, dass Preisanpassungen in den USA kaum zu vermeiden sein werden. Die Kosten werden primär von den in die USA exportierenden Unternehmen in der EU sowie direkt im US-Markt wirksam. Andere Exportmärkte sind von diesen Zöllen nicht betroffen und eine globale Umlage der Mehrkosten ist nicht zu erwarten.“

Herr Kölsch, wir danken für das Gespräch.