Der Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) berichtet von einem starken Wachstum beim Umsatz mit Heimtier-Fertignahrung: 2023 stieg er um 11,4 Prozent auf rund 4,5 Milliarden Euro. Kaufen Tierhalter eher preisbewusst oder qualitätsorientiert?
Der Gesamtmarkt für Heimtiernahrung hat sich in den letzten Monaten stabil entwickelt. Grundsätzlich beobachten wir also, dass sich trotz der allgemein gedrosselten Konsumlaune in Deutschland die Tiernahrungskategorie als besonders widerstandsfähig zeigt. Insbesondere der Trend zur „Premiumisierung“ setzt sich weiter fort.
Welche Aspekte spielen bei der Premiumisierung von Heimtierfutter eine Rolle?
Wir sehen, dass Menschen ihre eigene Ernährungsweise auf ihre geliebten Vierbeiner übertragen und Wert auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung legen. Gleichzeitig spielt das Thema Nachhaltigkeit eine zunehmend wichtige Rolle. In der Folge achten Tiereltern nicht mehr nur darauf, dass das Futter schmackhaft ist und ihr Haustier satt macht, sie möchten ihre Vierbeiner auch zunehmend gesund, qualitativ hochwertig und möglichst ressourcenschonend ernähren.
In der Lebensmittelverarbeitung fallen wertvolle Nebenprodukte an – etwa in der Fleischwirtschaft oder bei Nutzpflanzen. Welche Bedeutung haben diese Stoffströme für die Herstellung von Tiernahrung?
Für die Herstellung unserer Heimtiernahrungsprodukte in Europa beziehen wir den deutlichen Großteil unserer Rohstoffe aus der Europäischen Union, insbesondere aus den Regionen rund um unsere Fabriken, in denen sie verarbeitet werden. Dies gilt auch für unsere Produktionsstandorte in Verden und Minden, an denen wir als Heimtiernahrungshersteller ein zentraler Bestandteil sind. Wir verwenden beispielsweise sogenannte Schlachtnebenprodukte aus der menschlichen Nahrungskette, die dort nicht mehr oder nicht in den anfallenden Mengen eingesetzt werden, darunter tierische Fette der sogenannten Kategorie 3.
Durch die Verwendung solcher Nebenprodukte leisten wir einen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung vorhandener Ressourcen. Es werden jedoch keine Tiere ausschließlich für die Produktion von Heimtiernahrung gezüchtet. Wir sind daher auf das verfügbare Angebot am Fleischmarkt angewiesen. Auch wenn neue Proteinquellen erforscht werden, bleiben die Fleischnebenerzeugnisse auf absehbare Zeit die wichtigste Rohstoffquelle für Heimtierfutter.
Wird Mars künftig stärker auf alternative Proteinquellen setzen – etwa Insekten oder pflanzliche Proteine – und welche Rolle spielt das für Ihre Produktionsprozesse?
Bei Mars Petcare setzen wir uns bereits seit Jahren mit dem Thema alternative Proteinquellen für Haustiernahrung auseinander. 2021 haben wir in Großbritannien mit Lovebug™ ein Katzenfutter auf Insektenbasis auf den Markt gebracht und wir sehen, dass auch in Deutschland die Nachfrage nach entsprechenden Produkten steigt – insbesondere nach vegetarischen oder veganen Alternativen, wenn auch noch verhalten.
Die Entwicklung von Produkten, die alternative Proteine enthalten, ist eine Möglichkeit, um bei knappen tierischen Rohstoffen die Versorgung mit hochwertigen Produkten zu sichern und zur Nachhaltigkeit beizutragen. Allerdings besteht bei alternativen Proteinquellen oftmals noch die Herausforderung darin, die Lieferketten für die entsprechenden Rohstoffe so zu gestalten, dass sie nachhaltiger, robuster und skalierbar werden.
Gibt es Herausforderungen bei der Rohstoffbeschaffung, etwa durch geopolitische Entwicklungen, Preisvolatilität oder Wetterextreme?
Ja, alle diese Beispiele belasten globale Lieferketten zunehmend. Darüber hinaus gibt es auch regulatorische Herausforderungen. Beispielsweise wird in der Politik immer wieder diskutiert, tierische Fette der Kategorie 3, die wir für die Herstellung unserer Heimtiernahrungsprodukte verwenden, für die Herstellung von Biokraftstoffen zu nutzen. Das wäre aus Nachhaltigkeitssicht ein Rückschritt – denn ihre Verbrennung erzeugt ebenso viel CO₂ wie fossile Alternativen. Außerdem würde ein solcher Einsatz der Tiernahrungsbranche dringend benötigte Rohstoffe entziehen.
Vor dem Hintergrund wachsender Anforderungen an Nachhaltigkeit – was braucht es politisch, um Unternehmen stärker bei der Transformation zu unterstützen?
Klimaschutz zählt zu den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Experten sowie die Öffentlichkeit drängen die Unternehmen entschiedenere Maßnahmen zu ergreifen. Mars hat angekündigt, den klimaschonenden Umbau seiner Logistik voranzutreiben: Bis 2030 werden wir daher europaweit 300 Elektro-Lkw in Betrieb nehmen. Doch der Wandel zu einem nachhaltigen und emissionsarmen Verkehr erfordert neben Innovationen und Investitionen aus der Industrie auch die entsprechenden strukturellen Rahmenbedingungen aus der Politik.
Deutschland ist als Industrieland auf einen leistungsfähigen, international wettbewerbsfähigen Transportsektor, insbesondere für den Schwerlastverkehr, angewiesen. Derzeit befindet sich die Infra- und Ladestruktur für E-LKWs im Schwerlastbetrieb noch in den Anfangszügen, hier müssen unbedingt die richtigen Weichen gestellt werden.
Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung des Heimtiermarkts ein – wo sehen Sie die größten Potenziale?
In nahezu jedem zweiten Haushalt in Deutschland leben heute Heimtiere. Sie erfüllen in unserer Gesellschaft zahlreiche wertvolle Aufgaben; sind fester Teil der Familie, für viele Menschen wichtiger Sozialpartner und Ausgleich im Alltag. Auch die Wissenschaft ist sich einig: Heimtiere können einen ganz unmittelbar positiven Effekt auf die Gesundheit ihrer Halter haben, sind potenziell wichtige Faktoren im Kampf gegen die Einsamkeit und tragen dazu bei, die Sozialkompetenzen von Kindern zu stärken.
Wir sind davon überzeugt, dass Tiere unsere Welt besser machen, darum setzen wir uns für eine bessere Welt für Heimtiere ein. Dazu gehört, dass wir aktiv die Barrieren der Heimtierhaltung abbauen bspw. mit unserem Aktionstag „Kollege Hund“, der Arbeitgeber motivieren soll, Hunde für einen Tag testweise am Arbeitsplatz zuzulassen. Jetzt am 5. Juni ist es wieder so weit. Anmelden kann sich jedes Unternehmen auf der entsprechend Aktionsseite unseres Partners, dem Deutschen Tierschutzbund. In einer von uns durchgeführten Umfrage gaben 35 Prozent der Befragten an, dass sie es nicht in Erwägung ziehen, sich einen Hund anzuschaffen, weil sich niemand um ihn kümmern könnte, wenn sie bei der Arbeit sind.
Durch den Abbau solcher Barrieren der Heimtierhalten wollen wir unseren Beitrag leisten, damit möglichst viele Menschen von den sozialen und gesellschaftlichen Vorteilen von Heimtieren profitieren können. Und auch um Abgaben im Tierheimen vorzubeugen, die durch Jobwechsel geschehen, denn jedes Haustier hat ein liebevolles Zuhause verdient.
Vielen lieben Dank für das Interview!