Mit einem Anstieg auf 87,5 Punkte erreicht der ifo-Geschäftsklimaindex seinen höchsten Stand seit Juni 2024. Im Vormonat April waren es noch 86,9 Punkte. Grundlage des Indexes sind die monatlichen Einschätzungen von rund 9.000 Unternehmen zu ihrer aktuellen Geschäftslage und ihren Erwartungen für die kommenden sechs Monate. Während die Lagebeurteilung leicht rückläufig ausfiel, sind die Erwartungen spürbar gestiegen.
Dass die Unternehmen trotz globaler Risiken und zuletzt schwacher Frühindikatoren wieder etwas zuversichtlicher in die Zukunft blicken, werten Experten als Signal für eine mögliche konjunkturelle Wende. „Die zuletzt stark gestiegene Unsicherheit unter den Unternehmen hat etwas abgenommen“, sagte ifo-Präsident Clemens Fuest. „Die deutsche Wirtschaft fasst langsam wieder Tritt.“
Ernährungsindustrie mit deutlichem Stimmungssprung
Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung im Verarbeitenden Gewerbe. Hier verbesserten sich sowohl die Lagebeurteilung als auch die Erwartungen. Die Nahrungsmittelindustrie tat sich dabei besonders hervor.
Der ifo-Geschäftsklimaindex für die Branche sprang im Mai von 93,5 auf 101,1 Punkte – ein überraschender, starker Zuwachs. Dies verdeutlicht nicht nur eine wachsende Zuversicht unter den Lebensmittelproduzenten, sondern auch die vergleichsweise robuste Position der Branche innerhalb der deutschen Industrie.
Die Gründe für diesen Optimismus sind vielschichtig: stabile Inlandsnachfrage, leichte Entspannung auf der Kostenseite – etwa bei Energie und Logistik – und ein insgesamt belastbares Geschäftsmodell auch in konjunkturellen Schwächephasen.
Wirtschaftliche Lage bleibt herausfordernd
Trotz der positiven Signale bleibt die Ausgangslage fragil. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Privatwirtschaft – also Industrie und Dienstleistungen zusammen – fiel im Mai auf 48,6 Punkte und damit unter die Schwelle von 50 Punkten, ab der ein Wachstum signalisiert wird. Es ist das fünfte Monatstief.
Auch die Deutsche Bundesbank sieht den Aufschwung kritisch. In ihrem Monatsbericht warnt sie: „Eine rasche wirtschaftliche Erholung ist nicht zu erwarten.“ Vielmehr könnte die Wirtschaft im zweiten Quartal weitgehend stagnieren.
Darüber hinaus zeigen Umfragen, dass die Bereitschaft zum Personalabbau steigt – insbesondere im Einzelhandel und im verarbeitenden Gewerbe. Die langanhaltende Schwächephase scheint Spuren am Arbeitsmarkt zu hinterlassen.
Politik und Weltwirtschaft bleiben Unsicherheitsfaktoren
Ein Faktor, der die Stimmung zuletzt gedämpft hatte, war die protektionistische Handelspolitik der USA. Die Ankündigung neuer Zölle durch die Regierung von Präsident Donald Trump ließ die Verunsicherung im April sprunghaft ansteigen. Im Mai dann die vorläufige Entspannung: erste Signale aus Washington über Kompromissbereitschaft. Viele Unternehmen schöpfen daraus neuen Mut.
„Die deutschen Unternehmen haben Trumps Zollschock auch im Mai getrotzt“, kommentierte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. „Offenbar wiegen die positiven Wirkungen der EZB-Zinssenkungen stärker als die höheren Zölle.“
Auch Ulrich Wortberg von der Helaba zeigte sich optimistisch: „Darüber hinaus könnte es Hoffnungen auf wirtschaftliche Impulse durch die neue Bundesregierung geben.“
Positive Impulse, doch die Rahmenbedingungen sind entscheidend
Die Ernährungsindustrie sendet im Mai ein wichtiges konjunkturelles Zeichen. In einem Umfeld wirtschaftlicher Ungewissheit zeigt sie sich stabil, anpassungsfähig und zuversichtlich. Ein Plus von fast acht Punkten beim Geschäftsklimaindex signalisiert eine vorsichtige Belebung, wenn auch nicht überschwänglich.
Gleichzeitig ist das Bild uneinheitlich. Die allgemeine Wirtschaftsentwicklung bleibt abhängig von geopolitischen Risiken, der Lohnstückkostenentwicklung und der Konsumbereitschaft. Eine nachhaltige Erholung wird Geduld und politisch-ökonomische Unterstützung erfordern.